Rainald Simon: Übersetzter & Herausgegeber des “Daodejing” / Reclam
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Kapitel 3
“Wenn geistig Fähige nicht hoch geschätzt werden,
wird das Volk nicht gegeneinander kämpfen.
Wenn schwierig zu erlangende Waren nicht hoch bewertet
werden,
wird kein Mensch aus dem Volk zu einem Räuber gemacht.
Sieht man nämlich das Begehrenswerte nicht vor Augen,
wird keinem im Volk der Geist verwirrt.
Was dies anbetrifft – ein Vollkommener schafft damit Ordnung:
Er versetzt ihren Geist in Leere,
füllt ihre Bäuche,
schwächt ihre Entschlusskraft
und stärkt ihre Glieder.
Er lässt beständig das Volk kein Wissen und keine Wünsche
haben.
Er lässt nun die Wissenden nicht wagen zu handeln.
er handelt, ohne einzugreifen,
dann ist da nichts, was nicht in Ordnung gebracht würde.”
KOMMENTAR:
Was mich an diesem Kapitel erschreckt ist die Aktualität. Hier in Westen leben wir gerade in einer Zeit, wo Wissen und intellektuelle Kapazitäten höher bewertet werden, als lebensgrundlegende Fertigkeiten. Bessere Qualität “BIO” schafft schon im Supermarkt eine
“Zwei Klassen Gesellschaft”. Nicht zu erwähnen im Medizinsektor, Ämtern, oder in Restaurants.
Die Menschen “dumm zu halten” scheint nach der Ausbildung welche ich haben durfte zwar kontraintuitiv, aber ich kann ebenso verstehen, dass Wissen korrumpiert, wenn höherer Wert auf intellektuelle Fähigkeiten gelegt wird. Unser Ego, wenn nicht erlöst von der Identifizierung, bleibt selbstbezogen und beutet systematisch die Aussenwelt aus. Wenn dieses Phänomen sich stark im Kollektiv verbreitet, dann kann das zu Katastrophen führen.